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Aus aktuellem Anlass: Das vergessene Vorkaufsrecht!

Die fehlgeschlagene Unternehmensnachfolge oder die „quasi Enteignung“

§§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr.2, 28 Abs. 2 Satz 2, 27a Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. §§ 464 Abs. 2, 465 BGB

Der aktuelle Fall zeigt, dass bei einer Unternehmensnachfolge vieles zu beachten ist. Nur auf die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu achten, greift oftmals zu kurz. Offenkundig haben die Handelnden das Vorkaufsrecht der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) nicht hinreichend beachtet.

Verkürzter Sachverhalt:

Ein Unternehmer mit Sitz in Hamburg-Billbrook beabsichtigt, im Rahmen der Unternehmensnachfolge seinen alteingesessenen Betrieb auf seinen Neffen zu übertragen. Die finanziellen und rechtlichen Fragen, insbesondere auch die der steuerlichen Gestaltung, sind abgearbeitet. Um die Firmennachfolge abschließend zu regeln, soll zu diesem Zweck das Betriebsgrundstück auf eine eigens dafür gegründete GmbH & Co. KG übertragen werden. Der notariell beurkundete Kaufvertrag sieht ein Rücktrittsrecht für den Fall vor, dass das gesetzliche Rücktrittsrecht ausgeübt wird. Tatsächlich übt die FHH das Vorkaufsrecht unter anderem unter Hinweis auf städtebauliche Gründe aus. Überrascht wendet sich der Unternehmer an die Stadt und weist das Vorkaufsrecht zurück. Eine Ausübung des Vorkaufsrechts würde der Fortführung des Unternehmens der Verkäuferin die Grundlage entziehen und Arbeitsplätze gefährden. Eine in Aussicht gestellte Vereinbarung, nach der nach Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten einer städtischen Gesellschaft ein Pachtvertrag für die weitere Nutzung des Kaufgrundstücks angeboten würde, lehnt der Unternehmer strikt ab. Darüber hinaus lässt er, anwaltlich vertreten, erklären, dass er sein Rücktrittsrecht ausgeübt habe und damit das Vorkaufsrecht wohl erledigt sei.

Nach Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 Hamburgische Verwaltungsverfahrensgesetz erlässt die Stadt einen sogenannten Ausübungsbescheid, mit dem die Stadt ihr gesetzliches Vorkaufsrecht ausübt, und weist den Einspruch unter Hinweis auf die §§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr.2, 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i.V.m. § 464 Abs. 2 BGB zurück. Die Widerspruchsfrist gegen den Bescheid beträgt ein Monat nach Zugang.

Rechtliche Situation:

Beim Vorkaufsrecht ist zwischen dem privaten Vorkaufsrecht, welches in der Regel zur Abwendung eines gutgläubigen Erwerbs, im Grundbuch eingetragen sein sollte, und dem gesetzlichen Vorkaufsrecht nach 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB zu unterscheiden.

Vorliegend geht es um das gesetzliche Vorkaufsrecht der FHH. Hierzu die nachfolgenden gesetzlichen Bestimmungen in Auszügen:

§ 25 Abs. 1 BauGB (Begründung des Vorkaufsrechts)
Abs. 1 Die Gemeinde kann
Nr. 1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans durch Satzung ihr Vorkaufsrecht an unbebauten Grundstücken begründen;
Nr. 2.
in Gebieten, in denen sie städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht, zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung durch Satzung Flächen bezeichnen, an denen ihr ein Vorkaufsrecht an den Grundstücken zusteht;

§ 27a Abs. 1 BauGB (Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten Dritter)
(1) Die Gemeinde kann
1. ihr Vorkaufsrecht zugunsten eines Dritten ausüben, wenn der Dritte zu der mit der Ausübung des Vorkaufsrechts bezweckten Verwendung des Grundstücks innerhalb angemessener Frist in der Lage ist und sich hierzu verpflichtet, oder

§ 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB (Verfahren und Entschädigung)
Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden.[ Die §§ 463, 464 Abs. 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden …

§ 464 BGB (Ausübung des Verkaufsrecht)
(1) Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Verpflichteten. Die Erklärung bedarf nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form.
(2) Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den Bestimmungen zustande, welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat.

§ 465 BGB (Unwirksame Vereinbarungen)
Eine Vereinbarung des Verpflichteten mit dem Dritten, durch welche der Kauf von der Nichtausübung des Vorkaufsrechts abhängig gemacht oder dem Verpflichteten für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts der Rücktritt vorbehalten wird, ist dem Vorkaufsberechtigten gegenüber unwirksam.

Nach § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i.V.m. § 464 Abs. 2 BGB kommt grundsätzlich ein Kaufvertrag zu denselben Bedingungen zustande, welche zwischen dem Käufer und Verkäufer vereinbart wurden. Ausgeübt wird das gesetzliche Vorkaufsrecht der Stadt durch einen Verwaltungsakt. Daneben besteht die Möglichkeit – zur beschleunigten Abwicklung des Kaufvertrages – eines sogenannten freien Verkaufs des Grundstücks an die Stadt. Der zwischenzeitlich vom Unternehmer veranlasste Rücktritt vom notariell beurkundeten Kaufvertrag lässt nach § 465 BGB das Vorkaufsrecht der Stadt unbeachtet. Dies wurde offenkundig bei der Planung der Unternehmensnachfolge nicht hinreichend beachtet. Das Angebot der FFH, der Unternehmer könne ja das Grundstück anschließend pachten, kommt einer „quasi Enteignung“ gleich.

Der Ausgang des Verfahrens bleibt abzuwarten. Wir werden darüber berichten.

RA Dr. Dietmar Buchholz, Hamburg, Weiland Rechtsanwälte

Gesprächskreis Unternehmensnachfolge

Wer mehr darüber wissen möchte, kann sich auch über unsere Gesprächskreise melden. Der Billbrookkreis bietet allen Interessierten in Billbrook und Umgebung wie den Firmeninhabern oder Führungskräften, sich im Rahmen eines überschaubaren Teilnehmerkreises in einer zwei- bis dreistündigen Veranstaltung über das Thema zu informieren. Zu den Gesprächskreisen ...

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