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Deutsche Arbeitsverträge müssen angepasst werden! Warum?

Novelle des Nachweisgesetzes

Vom 1. August 2022 an, so will es die neue Regelung, muss jeder Arbeitgeber – egal, wie groß oder klein das Unternehmen ist – beim Abfassen seiner Arbeitsverträge sehr genau sein. Mehrere, auch individuell anzupassende Regelungen wie etwa Überstundenregelungen müssen dann in die Arbeitsverträge entweder hineingeschrieben oder angepasst werden. Die meisten Arbeitgeber haben noch nicht auf dem Schirm, was jetzt auf sie zukommt.

Unzulässige Klauseln – dennoch befolgt

Das Nachweisgesetz, das die Umsetzung einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 ist, soll Transparenz für Arbeitnehmer bringen und etwa Arbeitsort, Funktion, Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses oder auch Mindestankündigungsfristen genauer erläutern. Beispielsweise muss künftig auch in einem Arbeitsvertrag eines Call-Center-Mitarbeiters stehen, dass sein Arbeitgeber ihn nicht erst einen Tag zuvor oder gar am selben Tag anfordern darf, sondern die vorgeschriebenen vier Tage Ankündigungsfrist einhalten muss.

Klauseln, in denen sich Unternehmen Mitarbeiter auf Standby sichern, sind nicht zulässig. Sie standen bislang aber trotzdem in vielen Arbeitsverträgen und wurden auch befolgt – weil es die Arbeitnehmer nicht besser wussten. Auch Mindestanforderungen wie die Höchstdauer der Probezeit gehören von August an in die Arbeitsverträge.

Die neuen Regeln betreffen nicht nur alle Verträge mit Arbeitnehmern, die ab August unterschrieben werden, sondern auch Verträge derjenigen, die erst ab August in der neuen Firma anfangen, aber bereits unterschrieben haben – und zwar sechs Monate rückwirkend. Diese Verträge müssen sich die Unternehmen nun erneut vornehmen.

Ärgerlich für viele Firmen ist vor allem die kurze Vorlaufzeit: Es sind gerade einmal vier Wochen Zeit, um alle Vertragsmuster anzupassen. Die Bundesregierung hatte drei Jahre Zeit, um die Anforderungen der EU in nationales Recht zu gießen.

Sieben-Tage-Frist für Update-Forderungen

Wie die neue Dokumentationspflicht praktisch funktionieren soll, verrät das Gesetz naturgemäß nicht. Fachleute sind sich einig: Neue Verträge brauchen Arbeitnehmer nicht zu unterschreiben. Ein separates, vom Arbeitgeber unterzeichnetes, nachgeliefertes Dokument genüge. Da reiche ein Handzettel, dessen Empfang der Mitarbeiter unterschreibt mit dem Zusatz „erhalten“ – damit auch der Arbeitgeber einen Beleg hat.

In ihren Begründungen zum Gesetz geht die Regierung von drei Minuten Arbeitsaufwand je Arbeitsvertrag aus, doch das halten Fachleute für illusorisch. Wenn im schlimmsten Fall 1000 Mitarbeiter gleichzeitig diesen schriftlichen Nachweis einfordern, müsste ein Personalsachbearbeiter mit einem Acht-Stunden-Tag 25 Verträge pro Stunde aktualisieren.

Nicht nur die neuen Kollegen, sondern auch Mitarbeiter, die länger im Unternehmen sind, haben Anspruch auf mehr Klartext in ihren Verträgen. Wenn sie von der Personalabteilung nunmehr eine Vertragsanpassung verlangen, muss diese innerhalb von sieben Arbeitstagen vorliegen.

„Ob solch eine weitere Arbeitslawine ins Rollen kommt, kann niemand abschätzen“, sagt Personalberater Bernhard Jurasch, BBJ Consulting Hamburg. „Vermutlich werden unzufriedene Arbeitnehmer oder solche, die nicht sicher sind, ob etwa ihre Überstundenregelung im bisherigen Arbeitsvertrag überhaupt rechtswirksam ist, eher eine Anpassung verlangen.“

Fake-Klauseln kosten 2000 Euro Strafe

Neu ist: Arbeitgeber, die in ihren Verträgen samt Ergänzung nicht oder nicht richtig informiert haben, handeln künftig ordnungswidrig. Das vorgesehene Bußgeld beträgt bis zu 2000 Euro – je Vertrag. Wenn mehrere Verträge alle dieselbe falsche Klausel enthalten, kann schnell eine hohe Summe zusammenkommen.

Welche Punkte die Unternehmen im Detail nun abarbeiten

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien
  • Beginn des Arbeitsverhältnisses
  • bei befristeten Arbeitsverhältnissen: die vorhersehbare Dauer und das Enddatum des Arbeitsverhältnisses
  • Arbeitsort
  • Dauer der Probezeit
  • kurze Beschreibung der zu leistenden Tätigkeit
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich Überstundenvergütung, Zuschlägen, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, deren Fälligkeit und die Art der Auszahlung
  • Arbeitszeit, Ruhepausen, Ruhezeiten und Schichtbedingungen
  • Möglichkeit zur Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
  • etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
  • bei betrieblicher Altersversorgung über einen Versorgungsträger: Name und Anschrift des Versorgungsträgers
  • Kündigungsfristen und das von beiden Parteien jeweils für die Kündigung einzuhaltende Verfahren – also, dass die Kündigung schriftlich erforderlich ist und dass die Frist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage drei Wochen beträgt
  • Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind
  • bei einer vereinbarten Arbeit auf Abruf nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz: die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, der Zeitrahmen, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat
  • bei Auslandseinsätzen gibt es weitere Besonderheiten.

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