Globalisierung Die Welt ordnet sich neu! Fortsetzung von Seite 1 überzogen. Demgegenüber sieht sich der Westen mit dem Führungsanspruch der USA als Haupt pfeiler der liberalen, rechtbasierten Weltordnung, als politisches historisches Projekt mit globalem, universellem Anspruch, als eine Ordnung, die für Offenheit, für gemeinsame Werte, für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und regelbasierter Kooperation statt Konkurrenz zwischen den Staaten steht. Die USA sehen sich in religiöser Verklärung als außerge wöhnliche Nation, die für die Welt unverzichtbar ist. Was ist an dem Bild des „Südens“ über den „Wes ten“ richtig. Konfliktbeziehungen des Westens durch „Regime Change“, verdeckte CIAAktionen, mili tärische Bedrohungen und Sanktionen gegenüber Russland, dem Iran und China, der arabischen Welt, Afrika, Lateinamerika, Südasien prägen das Bild vom Westen und führen zu einer Entfremdung vom Rest der Welt. Gegen unliebsame Länder wird der Dollar als Waffe eingesetzt, Länder zur Übernahme von Sanktionen und Konfiszierung fremden Vermögens zu Lasten ihrer Souveränität verpflichtet. Die um den Dollar herum errichteten Finanzorganisationen wie die Weltbank, das Zahlungssystem SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunica tion) und das Handelssystem (WTO) werden von den USA dominiert. Diese Dominanz hat die Abwehr haltung des globalen „Südens/Ostens“ gestärkt. So gefährdet die große Staatsverschuldung der USA die Stellung des Dollars als Weltwährung. Als Ergebnis planen die BRICS ein alternatives Währungssystem, um das Dollarprivileg zu beenden. Veränderungen in der Welt mit Toleranz und Offenheit begegnen. Foto: DK_2020, KI-generiert / Adobe Stock Das Aufbegehren des globalen „Südens/Ostens“ gegenüber der Dominanz des „Westen“ hat viele Beweggründe. Sie resultieren u.a. aus den Erinne rungen einiger Länder während der Kolonialzeit. Die von den USA 2008 ausgehende Finanz und Wirtschaftskrise war Anlass der BRICS, sich zur Verteidigung ihrer Interessen und der Forderung nach Veränderung der vom Westen dominierten internationalen Organisationen wie OECD, WTO, IWF und der Weltbank zu einem Bund zu verbinden. Für was steht der „Westen“ aus der Sicht des „Sü dens“ heute? Wie wird er vom globalen „Süden/ Osten“ gesehen. Einst stand der Westen für Wohl fahrt, Fortschritt, sozialen Ausgleich, Gerechtigkeit und Humanismus und das große Freiheitsverspre chen. Zuletzt durch die Nahostkriege, den Gaza Konflikt, den Ukrainekrieg, hat der Westen diesen Ruf eingebüßt. Aus der Sicht des Südens steht der Westen für Kriege, Bevormundung, Doppelmoral und Moralisierung der Außenpolitik sowie der Dämonisierung anderer Länder und Kulturen. Er wird als aggressiv wahrgenommen. Länder fühlen sich vom Westen militärisch bedroht und mit Sanktionen Richtig allein an diesem Bild ist, dass sich die Welt neu ordnet und es entscheidend darauf ankommt, wie der Westen mit dem Verlust seiner Dominanz umgeht. Es droht durch die Bildung neuer wirt schaftlicher, militärischer und kultureller globaler Machtzentren kein Ende der Zivilisation und ist historisch betrachtet auch keine neue Erfindung. Es gibt kein Reich für die Ewigkeit. Die Zeit einer multipolaren Weltordnung mit den USA als Füh rungsnation neigt sich dem Ende zu und das ist kein Nachteil für die Welt. Dies bedeutet weder den Untergang der USA noch der Europäischen Union. Eines dieser sich entwickelnden Machtzentren sind die BRICS. Die BRICSMitgliedstaaten sind ein Verbund aus den Ländern Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika, Ägypten, Äthiopien, Iran und den Vereinigten Emiraten. Mehr als 30 Länder haben ihre Beitrittsabsicht erklärt. Diese Länder repräsentieren 45 Prozent der Weltbe völkerung und 35 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts. Der Verbund ist die Ant wort des globalen „Südens/Ostens“ auf den Führungsanspruch des „Westens“. Die G 7, in denen die wichtigsten Industrieländer wie die USA, das Vereinigte Königreich, Italien, Frankreich, Japan, Kanada und Deutschland vertreten sind, repräsentieren hingegen knapp 10 Prozent der Weltbevölkerung und erwirtschaften 30 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung (Quelle: Statistisches Bundesamt, G 7 in Zahlen). Fazit: Eine gedeihliche und friedfertige Entwicklung der Welt verlangt, angesichts der großen so zialen und wirtschaftlichen Herausforderungen und Spannungen in der Welt, Kooperation und Koexistenz sowie den Respekt und die Achtung anderer Kulturen. Die Rhetorik des Kalten Krie ges muss beendet werden. Konfliktbeziehungen führen zwangsläufig zur Entfremdung. Im Ver hältnis zu den USA muss Europa, insbesondere das deutschfranzösische Tandem, seine Autono mie zurückgewinnen und sich aus dem Schlepptau USamerikanischer Interessen emanzipieren. Die Europäer sollten sich an den Abend des 24. Oktober 1648 erinnern, an diesem Tag wurde der West fälische Friede geschlossen und der Grundstein für die Gleichberechtigung europäischer Staaten und die Entstehung souveräner Staaten gelegt. Dies muss auch für eine multipolare Welt gelten. Der „Westen“ ist längst nicht so gut, wie er sich gern sieht. Der USamerikanische Präsident hat, wie von ihm angekündigt, die große Chance, die aktuellen Kon fliktbeziehungen einzudämmen und so den Ruf des „Westens“ in der Welt, nachhaltig zu verbessern. Auch die Europäer müssen ihre passive Rolle und die in Teilen der Politik und öffentlichen wie privaten Medien anzutreffende Kriegsrhetorik überdenken. Es kann doch nicht sein, dass in einem Krieg, der auf europäischem Boden stattfindet und täglich zu mehr Tod, Leid und Zerstörung führt, Europa zwar die Lasten trägt, bei den Friedens bemühungen jedoch teilnahmslos daneben steht. Hier ist das deutschfranzösische Tandem gefordert, statt den Krieg zu befeuern, aktiv die Friedensbemühungen des USamerikanischen Präsidenten zu unterstützen. db 2