Rückblick
107. Billbrookkreis-Treffen
am Montag, 24. Oktober 2022
im Hotel Böttcherhof
Ehrengast: Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg
Thema: 25 Jahre Billbrookkreis
Erster Bürgermeister würdigt die Arbeit des Billbrookkreises
Anlässlich des 25. Jubiläums des Billbrookkreises war Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher zu Gast beim 107. Billbrookkreistreffen. In seinem Grußwort hob Tschentscher die Bedeutung der Industrie für die Hansestadt hervor.
Im Mai musste Hamburgs Erster Bürgermeister seinen geplanten im Billbrookkreis absagen. Finanzsenator Dr. Andreas Dressel sprang damals kurzfristig ein. Am 24. Oktober löste der Erste Bürgermeister sein Versprechen ein, das 25-jährige Bestehen des Billbrookkreises mit seinem Besuch persönlich zu würdigen. Vor mehr als 100 geladenen Gästen – Mitgliedern des Billbrookkreises sowie weiteren Akteure aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung – sprach Tschentscher im Hotel Böttcherhof eine gute Stunde in freier Rede über die wirtschaftlichen Perspektiven aktuellen Herausforderungen der Hansestadt.
In seiner Ansprache dankte der Erste Bürgermeister dem Billbrookkreis für seine Arbeit der vergangenen 25 Jahre und unterstrich die Bedeutung des Kreises für den Industriestandort. „Der Billbrookkreis ist kritisch, konstruktiv und fordernd.“ Diese Interessensvertretung sei nötig, wenn auch manchmal anstrengend für die Politik „Die Industrie ist etwas Besonderes in Hamburg.“ Im Zentrum einer Metropole zwei große Industriegebiete zu haben – den Hafen und Billbrook/Rothenburgsort – sei nicht leicht. Es gehe darum, „möglichst viel industriepolitische Perspektiven zu entwickeln“ und auch schwierige Fragen zu klären, die die „Vereinbarkeit von Industrie und Stadt“ ausmachen. „Eine große Stärke unseres Wirtschaftsstandortes ist die Industrie und eine Stärke für den Industriestand ist die Attraktivität unserer Stadt.“
Aus aktuellem Anlass erläuterte Tschentscher die Gegebenheiten um die mögliche Beteiligung der chinesischen Reederei Cosco am HHLA-Container-Terminal Tollerort. Er stellte klar: Der Hamburger Hafen werde nicht verkauft. Eine Tochter-Gesellschaft der HHLA habe eine unternehmerische Entscheidung getroffen, eine große Reederei an dem Betrieb des Terminals zu beteiligen, um darüber auch die Zusage für die Nutzung des Terminals zu bekommen. Die sei in anderen Häfen dieser Welt Standard.
Darüber hinaus griff der Erste Bürgermeister in seiner Rede zahlreiche brisante und drängende Themen auf – Ukrainekrieg und Energiepreiskrise, Fachkräftemangel, Verkehr und Mobilitätswende in Hamburg – und beantworte zudem Fragen der Billbrookkreis-Mitglieder.
Ukraine-Krieg: „Wir sind involviert in den Wirtschaftskrieg, der vor allem ein Energiekrieg geworden ist“, so Tschentscher. Das verursache hohe Kosten für Gas und Strom. Die Industrie dürfe dabei auf keinen Fall zu Schaden kommen. Und: Es sei wichtig, dass Russland den Krieg nicht gewinne.
Zum Thema Energiewende verdeutlichte der Erste Bürgermeister: Weil im Süden Deutschlands Energiemangel herrsche beziehungsweise der Ausbau von Netzen und Kraftwerken nicht konsequent genug vorangetrieben wurde, sei der Strompreis generell so hoch. Alle Flächenländer müssten mit festem Blick auf die Energiewende regenerative Energieträger ausbauen, nicht nur der Norden. Mit Blick auf die von den norddeutschen Bundesländern verfolgte gemeinsame Windenergie- und Wasserstoffstrategie sagte er: „Regenerative Energieproduktion und Wasserstofftechnologie ermöglichen langfristig nationale Unabhängigkeit und Sicherheit in der Energieversorgung.“
Verkehr und Mobilität: Wie Tschentscher ausführte, haben SPD und Grüne gerade bei den verkehrspolitischen Themen „hart verhandelt“. Man wolle große Infrastrukturthemen voranbringen. Demnach soll die A26 Ost, die geplante Querverbindung der A1 und der A7 im Hamburger Süden zu Ende gebaut werden. Eine zusätzliche Köhlbrandquerung hätten die Grünen hingegen abgelehnt. Die A7 wurde auf acht Spuren verbreitert und es werden Autobahndeckel gebaut. Das bringe Entlastungswirkung und mehr Ruhe in den Quartieren. Der Senat baue auch neue Straßen in der Stadt, nicht nur Radwege, wie es oft in den Medien dargestellt werde. Mit Blick auf den Verkehr, der über Lkw oder Auto erfolgen muss, etwa Handwerker, betonte Tschentscher: „Wir müssen den Straßenraum diesen nicht ersetzbaren Wirtschaftsverkehr zur Verfügung stellen.“ Das erfordere, möglich viel oberirdischen Verkehr zu verlagern und etwa unterirdische Kapazitäten zu nutzen. Beispiel: die unterirdisch verlaufende U-Bahnlinie 5 statt einer oberirdischen Straßenbahn. Und es gehe darum, den individuellen Nahverkehr „Optionen zum Umsteigen“ zu bewegen, um weitere Entlastungen zu erreichen. „Wir haben nur eine Chance, mit unserem Straßenraum im öffentlichen Bereich klar zu kommen, wenn wir die Alternativen zum Auto, insbesondere Bus, Bahn und auch das Fahrrad stärker nutzen.“ Das gehöre es, auch viele Radwege zu bauen. Diese Verkehrsraumumverteilung erhöhe den Entlastungseffekt. Ein weiteres Thema: Der Ausbau der S-Bahn-Anbindung, gerade auch Richtung Bergedorf und Harburg. Idealerweise müsse der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Radewegenetzes „Zug um Zug gegen die Inanspruchnahme von Fläche erfolgen“, ohne die Stadt lahmzulegen. Der Anspruch des Senats: maximale Mobilität unter Berücksichtigung verkehrsfachlicher Gesichtspunkte wie Verkehrsaufkommen und -verteilung im Umfeld.
Fachkräftemangel: Den generellen Mangel an Arbeitskräften bekomme die Industrie ebenso wie alle Branchen zu spüren. Daher sei es wichtig, auf die jungen Menschen zu blicken. Sie wollen für etwas Gutes arbeiten, suchten nach „Purpose“, der Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit. „Das ist ein Imagethema für Unternehmen“, beschreibt Tschentscher die Thematik. „Wir haben hochinteressante Unternehmen“. Er appellierte, das Ansehen der Industrie zu fördern. Denn: „Die Industrie bringt Innovationen, macht uns stark, hilft Klimaschutzziele, etwa in der Kreislaufwirtschaft, zu erreichen.“
Bei Themenfeldern, die dem Billbrookreis „unter den Nägeln“ brennen, sieht der Erste Bürgermeister einer erneuten Einladung mit Freude entgegen, sich den anfallenden Themen und Problemen zu stellen – natürlich faktenbasiert und bestimmt wieder ohne Redemanuskript!
Lesen Sie mehr dazu auch im Billbrooker 2022-2, der Ende November als Printzeitung und E-Paper erscheint.
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Impulsvortrag: Wärmeversorgung in einer Gasmangellage
Kirsten Fust, Geschäftsführerin der Hamburger Energiewerke, sprach in ihrem Impulsvortrag darüber, wie eine Wärmeversorgung in energiekritischen Zeiten gelingen kann. Auch stellte sie die Transformation Hamburger Energiewerke hin zu einem nachhaltigen Energieversorger mit innovativen Ökostrom- und Wärmelösungen für die Stadt vor.
Nach dem der Erste Bürgermeister über relevante Aspekte rund um die aktuelle Energiepreiskrise und Energiewende gesprochen hatte, schloss sich Kirsten Fusts Impulsvortrag thematisch passend an. Die Elektrotechnik-Ingenieurin stellte sachkundig und praxisbezogen dar, wie eine Gasmangellage sich auf das Hamburger Fernwärmenetz auswirken und welche Maßnahmen der Energieversorger ergreifen kann bzw. muss, um in der Hansestadt einen sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten und die verschiedenen Kundengruppen zu versorgen. Dabei gehe es darum, mögliche Notlagen abzufedern, etwa in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen.
Um das Thema „Energiesparen“ stärker in die Öffentlichkeit zu tragen, unterstützen die Hamburger Energiewerke die Energiesparkampagne „Hamburg dreht das!“ mit verschiedenen Kommunikationsmaßnahmen. Die Kampagne ist eine Initiative des Senats, der Handelskammer und der Handwerkskammer. Unternehmen, Einrichtungen und Vereine haben sich zusammengeschlossen, um zum Energiesparen aufzurufen und zu informieren.
Bis zum Jahr 2030 will der städtische Versorger den Ausstieg aus der Kohle vollzogen und auf klimaneutrale Quellen sowie innovative Formen der Wärmegewinnung umgestellt haben.
Die Präsentationsfolien zum Vortrag: PDF
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Tschüss und auf Wiedersehen, Norbert Müller!
Im Beisein des Ersten Bürgermeisters nahm Bernhard Jurasch, Erster Vorsitzender des Billbrookkreises, die Gelegenheit wahr, dem bisherigen Stadtteilpolizisten Norbert Müller anlässlich seiner Pensionierung für die gute Nachbarschaft zu bedanken und ihn zu verabschieden. Anschließend hieß er die neue Stadtteilpolizistin Janka Davids willkommen.
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Fotos: Mirko Hannemann