Rückblick
97. Treffen des Billbrookkreises
am Montag, 7. Oktober 2019, im Hotel Böttcherhof
Gastredner: Andrei Sharashkin, Generalkonsul der Russischen Föderation in Hamburg
Thema: Die wirtschaftlichen Verbindungen und was wir daraus machen.
Enge Beziehungen sind gefragt
Andrei Sharashkin, Generalkonsul der Russischen Föderation in Hamburg, zum Stand der Dinge der wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Deutschland und Russland.
Der Mann ist schon viel rumgekommen: Er war an den Botschaften in Guinea, Madagaskar, Südafrika und Tschechien tätig und arbeitete zuletzt im Europa-Bereich des russischen Außenministeriums. Seit Anfang Juni 2018 ist der 53-jährige Andrei Sharashkin Generalkonsul der Russischen Föderation in Hamburg und zuständig für die Amtsgebiete Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, in denen 125.000 Russen leben.
Zentrales Thema ist für ihn, die beiderseitigen Handelsbeziehungen zu erweitern, zumal diese Beziehungen eine lange gemeinsamen Geschichte haben – auch mit dunklen Seiten behaftet. Eine weitere, nicht so helle Seite ist die seit fünf Jahren bestehende Wirtschaftssanktion der EU gegen sein Land.
Jüngst forderte der Branchenverband VDMA in der „Augsburger Allgemeinen“, die Sanktionen gegen Russland zu überprüfen: „Die politischen Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland tendieren gegen null, andererseits sind die Auswirkungen auf das Russlandgeschäft von deutschen Firmen immens.“ Laut Andrei Sharashkin gehen für Deutschland monatlich 620 Millionen Dollar verloren. Dies ist die Einschätzung des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel.
Dem Informationsportal Russland aktuell/OWC Außenwirtschaft zufolge leidet Sachsen-Anhalt besonders unter den Russland-Sanktionen. 2018 exportierten Unternehmen aus dem ostdeutschen Bundesland Waren im Wert von 315 Millionen Euro nach Russland – im Rekordjahr 2012 waren es etwa 500 Millionen Euro. „Russland und Sachsen-Anhalt verbindet viel, vor allem in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Diese engen Beziehungen sind eine gute Basis für künftige Kooperationen“, so Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann.
Das sieht auch Andrei Sharashkin so, registriert aber, dass viele deutsche Unternehmen Angst haben, Marktanteile in Russland zu verlieren. Deshalb steigen viele deutsche Unternehmen auf Produktionsprozesse in Russland um. Vor dem Hintergrund muss man wissen, dass 4.700 Unternehmen auf dem russischen Markt mit einem Volumen von 60 Milliarden Dollar aktiv sind.
Und der Generalkonsul weiß zu berichten, dass Verträge und Gesetze erarbeitet werden, um Unternehmen aus Deutschland und Europa anzuziehen und ihnen die Möglichkeit zu geben, zukunftsweisend in Russland zu investieren und sich zu etablieren. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf große Unternehmen in Deutschland.
Andrei Sharashkin berichtete, dass auf Eis gelegte Projekte wieder aufgenommen würden. Russische Regionen arbeiten inzwischen eng mit deutschen Regionen zusammen, vornehmlich im Bereich der Windenergie und in der logistischen Infrastruktur, aber auch im Maschinenbau oder in der Pharmaindustrie. Ein bereits fortgeschrittenes, wirtschaftlich geprägtes Großprojekt ist „Nord Stream 2“. Diese Gaspipeline durch die Ostsee soll für eine stabile Lieferung von Erdgas sorgen, was mit Blick auf den geplanten Atomkraft- und Kohleausstieg hierzulande eine besondere Bedeutung gewinnt.
Nach vorn gerichtet sieht der Generalkonsul große Perspektiven im Jugendaustausch, damit sich junge Menschen individuell ein eigenes Bild des jeweiligen Landes machen können. Denn da liegt seiner Ansicht nach die Zukunft. Wohl wahr.